Drei

Drei drei drei
Zwei
Drei
Zwei
Drei
Zwei
Vier Vier Vier
Drei
Vier
Drei
Vier
Drei
Fünf Fünf Fünf
Drei
Sechs
Zwei
Vier
Drei
Neun Neun Neun
Acht
Sieben
Acht
Zehn
Acht
Sieben Sieben Sieben Sieben Sieben
Null
Sieben
Null
Null
Null
Null
Acht Sieben Eins Null
Null Eins
Eins Null

drei



die geschichte beginnt mit einem tanzschritt. einem federnden impuls. ein schwerer schritt wird mit zwei leichteren schritten ausgeglichen, wird zu einem ganzen, wird zu einem takt. eins zwei drei, sagen die tanzmeister. Drei drei drei, sagt die geschichte. denn sie ist gleich da, sie weiss von nichts früherem, und sie heisst was sie ist. sie sagt drei und sie ist drei.

und eine große Drei wird von zwei kleinen dreien begleitet. ein starker hat zwei schwache bei sich, das ist der anfang der geschichte. so tanzt man zu dritt, man steht im dreieck, und jeder tanzt sein dreieck. und weil sich alle bewegen, werden die abstände mal hier etwas zu groß, und hier etwas zu klein, und so fängt das dreieck an sich zu drehen. um die leere mitte herum dreht es sich, langsamer oder schneller. und so wird das dreieck fast ein kreis, weil es sich dreht.

und irgendwann muss man ausruhen. ausruhen von den schritten, ausruhen von der drehung. und so kommt eine andere bewegung in die geschichte. statt im dreieck und im kreis zu gehen, geht sie nun vor und zurück. sie vergewissert sich ihrer selbst, die geschichte, die Drei. sie vergewissert sich ihrer selbst, indem sie zurückgeht. und da ist die Zwei. und so kann man hin und her gehen, in der vergewisserung. Zwei. Drei. Zwei. Drei. die geschichte schaut nach, was früher war, und dann schaut sie nach, was jetzt ist. die geschichte ist noch jung zu dieser zeit, und sie spielt wie ein kind hier. bist du noch da, Zwei. bist du noch da, Drei.

so hätte das leben sich abspielen können im hin und her pendeln zwischen jetzt und eben, eben und jetzt, immer auf der stelle, nur Zwei oder Drei, nur hin und her. nichts wird jemals über die Drei hinausgehen, nichts geht jemals hinter die Zwei zurück. man weiss nur das vorige, und beim jetzigen ist die welt zuende.

warum es so nicht blieb, warum etwas neues geschah, das weiss die geschichte nicht. oder sie erzählt es nicht. und so kann man später, wenn alles so gekommen ist, wie es kam, vermutungen anstellen. man kann nach gründen suchen, und man sucht nach gründen. und so machen viele chinesische autoren die unstimmigkeit der namen verantwortlich. denn wenn das pendeln zwischen jetzt und eben als das ganze, als das erfüllende, als das endlose erscheint, warum tragen diese beiden zustände dann die namen Zwei und Drei. wären nicht Eins und Zwei die einzig angemessenen namen. muss das nicht als unverzeihliche kränkung verstanden werden. die Drei, die große Drei, soll von etwas herkommen, das nicht der ursprung von allem ist. jeder weiss, dass vor der Zwei etwas ist. aber wir kennen es nicht. sollen wir uns damit begnügen, mit unserer gegenwart, mit dem, was wir sehen, in dem wir uns bewegen, in der luft zu hängen. sollen wir, die wir alles sind, uns abfinden mit einem albernen inseldasein, umgeben vom meer der großen eins, deren namen wir zwar kennen, die uns aber doch verborgen bleibt, unzugänglich, unbegreifbar.

und so stockte die bewegung, beim dritten mal stockte die bewegung. Zwei Drei Zwei Drei Zwei, und nun keine Drei mehr. die bewegung stockte bei der Zwei, die bewegung lief in die Zwei, es war die Zwei, die die bewegung an sich nahm, die sie in sich verbarg, versenkte, die sie an ihrer wurzel zum halten brachte. sage mir wo ich herkomme. sag mir wo ich herkomme, oder es wird nichts mehr weitergehen. sag mir wo ich herkomme, oder es wird nur noch diesen punkt geben. mich die zu boden geführte bewegung. mich den wurm, der sein recht einfordert. der wissen will, der keine antwort bekommt. bekommt er keine antwort. bekommt er keine antwort.

viele geschichten ziehen hier umher, von kun, der shun herausforderte und dann geopfert wurde, oder von der frau des großen yü, die sterben musste, damit sich der pass von huan-yüan öffnete. vielleicht gab es auch kein opfer. vielleicht öffnete sich im rückgang der Zwei zu ihrer wurzel, in ihrer wendung lediglich der raum. etwas zerriss, eine selbstverständlichkeit zerbrach, eine welt stürzte ein, aber dieser einsturz erschlug nicht alles. die grenzen brachen, vielleicht begruben die trümmer die Zwei unter sich, aber vor allem legten sie den blick frei. der raum weitete sich, und es erschien etwas neues, etwas nie dagewesenes.

die Vier. das also ist die Vier. das ist der durchbruch, das ist die neue zeit. und eine neue richtung. nach dem kreisen und dem hin und her geht es jetzt wirklich vorwärts. es schreitet voran, und das voranschreiten hat methode. es hat gelernt aus der vergangenheit, es hat seine lehren gezogen aus dem, was war, was zufällig und ohne wissen um sich selbst entstanden ist. denn was wussten die Drei und die Zwei vom vorankommen. was wussten sie von mir, der Vier. nichts eigentlich. es stiess ihnen zu, ich stiess ihnen zu, aber nun ist er da, der fortschritt, nun bin ich da. aus dem zufall ist erkenntnis geworden, und aus der erkenntnis wird das wissen um den nächsten schritt. was beim ersten mal verzweifelung war, eine arme, sich zusammenkrümmende Zwei, die nicht weiterweiss und der das neue ohne vorsehung, im moment des zusammenbruchs zustößt, das wird jetzt verlässlich neu. das ist das muster fürs weitergehen, so kann man schritt für schritt nach vorn setzen und die welt erobern.

und so setzt sich das neue, die Vier, selbstbewusst in szene. nicht Vier vier vier, sondern Vier Vier Vier. warum soll man sich den triumph versagen. das schwache ist verschwunden, es gibt nur noch die großen, und diese großen wissen wie es geht. die Vier als starker dreiertakt, als front mit drei mächtigen punkten, und dann, ohne zu zweifeln, ohne wirklichen rückgang, das kurze ausruhen, das schon weiss, gleich bin ich wieder vorgerückt. auf Drei Vier Drei Vier Drei wird, mit der gewissheit aller wissenschaften der welt, die Fünf kommen. und auch die wird stark sein. wir haben es geschafft. wir sind aufs meer hinausgefahren, aufs nordmeer, aufs südmeer, aufs ostmeer, aufs westmeer. wir werden länder erobern, eines nach dem anderen. das leiden war nicht umsonst, die verzweifelung war nicht von dauer. die Zwei musste geopfert werden, die Zwei hat sich geopfert, die frau des schmiedemeisters konnte nicht am leben gelassen werden, aber nun ist der weg gefunden. niemand muss mehr sterben, nur einige werden zurückgelassen. wir reisen in einer zweiten haut, das trägt uns, wir wissen den nächsten impuls, die nächste zahl, den nächsten besitz. das ist eine freude, das ist eine lust, und das meer ist so weit, so weit. niemand kann sein ende kennen.

und doch, schon zu diesem frühen zeitpunkt kommt es zu einer verwirrung. die methode war so klar. nach der stolz erreichten Fünf hätte die Vier kommen müssen. die Vier, selbst erreicht im fortschritt, selbst ausdruck der methode, und dann wäre es weitergegangen zur Sechs.

stattdessen, statt der logischen und einfachen Vier erscheint die Drei. die Drei, die hätte verschwinden müssen. wie seinerzeit die Zwei verschwunden ist, damals noch recht dramatisch. das war nun überwunden, einfach nur weggehen, liebe Drei, den weg freimachen für die junge generation. mach platz für den sohn, vater, dann bekommst du ein ahnentäfelchen. hast deine zeit gehabt, alter, wirst doch nicht ewig leben. denk mal an die Zwei, das war noch ein opfer. hast keine moral. meinst wohl, eine zahl ist nur für sich da.

wie so oft in der geschichte gab es rührende versuche, das fehlverhalten einzelner auszugleichen. was hätten sie getan, wenn statt der rechtmäßigen Vier sich die Drei hineindrängt, und sich womöglich noch auf überkommene rechte beruft. wenn sie dem fortschritt wirklich dienen, halten sie ihre gefühle im zaum und ziehen auch nicht vor gericht, sondern versuchen den lauf der dinge wiederherzustellen, indem sie aus der fünf zur sechs werden. hat der andere einen schritt zu weit nach links gemacht, machen wir eben einen schritt weiter nach rechts. in der hoffnung, dass dies ein einmaliger fehltritt bleibt. den man ganz schnell vergisst. vielleicht bemerken ihn die anderen gar nicht, und die sache mit der Drei regelt sich durch die natur. und dann könnte der weg nach der falschen Drei, die wir durch eine Sechs unschädlich gemacht haben, regulär fortsetzen. Vier Fünf Vier ist dran.

aber es kommt nicht so, und man fragt sich, ist es wirklich möglich, dass ein einzelner, diese Drei, diese einzige alte Drei, alles zerstören kann. ist wirklich nun alle sicherheit, alles methodische vorgehen, alle so klar vor augen liegende welteroberung dahin. oder ist das eine zu pessimistische und zu kurz greifende sicht auf die ereignisse. geht die geschichte weiter, schneller sogar. weg mit den alten schranken, wir können auch ohne die ahnenreihe. wir lassen das schneckentempo hinter uns. wir springen. ja war nicht der sogenannte fortschritt, der alte, nur eine fortsetzung des öden hin und her des anfangs. weg mit diesen engen grenzen. Neun. Neun. Neun. und jetzt die Acht festgehalten, verdammt, rutsch nicht weg, Sieben, Acht, ich brauch dich doch für den nächsten sprung, Zehn, Acht, nein höher, höher, mach schon.

doch es geschieht etwas anderes. etwas nie dagewesenes. man hätte das vielleicht in einer sehr entfernten zukunft für möglich gehalten. irgendwo dahinten, viele lichtjahre entfernt, könnte einmal die große wand erscheinen. in einer entfernung, von der man noch keinen begriff hätte. vielleicht dann irgendwo bekäme, unterwegs, bei den vielen schritten und sprüngen, die man noch vor sich hätte.

aber so nah. schon jetzt. das ende war eigentlich schon da, aber es wurde übersehen. übersprungen. das ende ist hier, und ruhig. wenn es wollte, könnte es leise sprechen. es ist ihm gleich, ob leise, ob laut. und wer es nicht versteht, dem wird es wiederholt. fünfmal. Sieben. Sieben. Sieben. Sieben. Sieben.

das ist die große wand, und sie ist hier. es wird nichts weitergehen. es gibt nichts mehr, schon gibt es nichts mehr. nur die wand, und das nichts. auch dazwischen kann man hin und hergehen, aber wie. Null. Sieben. Null, Null, Null, Null.

was nun kommt, ist keine geschichte, ist nach der geschichte. es liegt nicht mehr sinn darin, als wenn nichts käme. kein weg mehr. die zeit selbst ist still geworden. es sind nur kommentare.

zuerst ein erklärungsversuch, ehrenwert und bieder. Acht Sieben Eins Null. was ist passiert, sagt der kommentar, gehen wir zurück auf das was passiert ist, sagt er. versuchen wir doch herauszubekommen wo das problem lag. lassen wir alles überladene beiseite und nennen wir eine zahl eine zahl. sehen wir es uns doch an, sagt er, wir hatten die acht, wir hatten die sieben, und wenn wir weitermachen, kommen wir auf die eins, und dann auf die null. alles nur zahlen.

wie naiv, wie falsch. welch oberflächliche tröstung, die alles gesehene nicht gesehen haben will und alles gehörte nicht gehört. die vorgibt, die geschichte weiter zu schreiben, und sie doch selbst am gründlichsten auslöscht.

nur äußerlich knüpft der zweite kommentar an diese verirrung der abstraktion an, doch wendet er sie in eine andere richtung. Acht Sieben Eins Null, hieß es. und auch wenn die herleitung empörend war, scheint man doch mit der Null und mit der Eins zum ersten mal den grund der tatsachen benannt zu haben. das volle und das leere, das nichts und das etwas, das ja und das nein. und es scheint, als bewege sich dieser grund. Null Eins, Eins Null. das klingt wie der beginn einer endlosen reihe von wiederholungen. aber was sind das für wiederholungen. sind sie ein niedergeschlagenes umwenden eines würfels, von schwarz auf weiss, von weiss auf schwarz, im wunsch auf etwas anders, ohne aussicht auf etwas anderes. oder sind sie ein spiel, von neugier begleitet, jedesmal neugier, bei der frage, wann die eins zur null übergeht, und die null in die eins. erscheint hier eine bewegungslosigkeit, die sich immer wendet. ein zählen, das nicht zählt. oder ist dieses Null Eins Eins Null wie ein wort, eine formel, die man vor sich hinspricht, ganz oft, scheinbar monoton, und dann, irgendwann, beginnt sich alles aufzulösen, wenn man nicht aufhört, nicht aufhören, immer weiter sprechen, Null Eins Eins Null.

der dritte kommentar erscheint wie eine erinnerung. drei, sagt der kommentar. ziemlich leise, ziemlich schwach. es sind keine niedergeschriebenen ereignisse, die hier noch einmal benannt werden. es ist nur diese drei mit kleinem d. und es war dieses d, mit dem einmal der buchstabe benannt wurde. eine kurze zeit hiess er d, bevor er dann dee wurde. ganz am anfang des schreibens war es, für einen kleinen moment tauchte dieser laut auf, den man als kleines kind, als man noch mit schlangen spielen konnte, vor sich hingelallt hatte. einen augenblick war es d, bevor es dee wurde.