Joachim Heintz
Heine-Kommentare

Musikalische Kommentare zu Texten von Heinrich Heine — was heisst das? Es heisst nicht, Texte musikalisch nachzuerzählen oder in einer mehr oder minder direkten Weise in Klang "umzusetzen". Sondern ein bestimmter Aspekt eines Textes wird genommen, aufgenommen, und, sozusagen, bedacht. Ein Thema setzt sich um in eine musikalische Phantasie, andere Bezüge "fallen ein", und es gibt einige Motive, die die Stücke verbinden.

Beispielsweise Stimmen. Heines Weltlauf, ein sarkastischer Kommentar über das immer gleiche "Spiel" der Geschichte zwischen Besitzenden und Besitzlosen, verbindet sich mit einer eher "jenseitigen" Phantasie, körperlose Stimmen, die immer wieder aufsteigen und niedersinken. Davon gibt es eine Version am Anfang und eine am Ende, so einerseits den Bezug zwischen Weltlauf und Wanderratten herstellend, andererseits diese Texte gleichsam aus der Ferne betrachtend, unter einem bestimmten Aspekt. Ähnlich das Thema der Nacht, das die beiden ganz verschiedenen Gedichte Wie langsam und Belsatzar verbindet, aber durch die Musik zu einem eigenen Motiv wird, und wiederum in Nacht 2 einen Faden zu Sie erlischt spinnt.

Warten schält eine Situation aus den Launen der Verliebten heraus und widmet ihr eine Betrachtung: das Warten auf jemanden, der nicht erscheint, das in dem Gedicht in der drolligen Komik einer Tiergeschichte ausgebreitet wird, wird in einen quasi abstrakten Raum gesetzt, in dem das Verstreichen der Zeit "beobachtet" wird. Auch Lass nimmt sich die Freiheit, über das berühmte Lass die heilgen Parabolen anders nachzudenken: als Bewegung des Anstoßens und Aufgebens, des Fallen-Lassens und seiner Umkehrung, als nachdenkliches Spiel zweier Bewegungen, mit ständigen Variationen bis hin zum Rollentausch.

Die Heine-Kommentare sind als Zyklus konzipiert, die auch ohne die Texte einen Zusammenhang ergeben und miteinander in mehrfacher Weise kommunizieren.